Feature
Im Anfang war der Schneesturm.
Das doppelte Exil des russischen Schriftstellers Gaito Gasdanow
Als der Hanser Verlag 2012 die Übersetzung von Gaito Gasdanows Roman "Das Phantom des Alexander Wolf" herausbringt, ist das Werk des vier Jahrzehnte zuvor verstorbenen Exilrussen keineswegs “bestseller-verdächtig”, erinnert sich die Übersetzerin Rosemarie Tietze. Umso verblüffender ist die Rezeption des Romans, der in den Feuilletons der großen deutschen Zeitungen als „Meisterwerk der klassischen Moderne“ und “verlorenes Stück Weltliteratur” gefeiert wird.
In Russland gilt Gaito Gasdanow zu diesem Zeitpunkt schon lange als einer der wichtigsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.
Zu seinen Lebzeiten jedoch durfte in seiner Heimat keine Zeile seines Werks veröffentlicht werden, da er mit sechzehn Jahren, im russischen Bürgerkrieg, freiwillig auf Seiten der Weißen Armee gekämpft hatte.
Sein Erwachsenenleben verbrachte Gasdanow zunächst im Pariser, dann im Münchener Exil. Er schrieb neun Romane und zahlreiche Erzählungen, während er als Lastenträger, Lokomotivenwäscher, Nachttaxifahrer und schließlich Redakteur von “Radio Liberty” arbeitete. In der Zentrale des US-finanzierten Radiosenders, der prowestliches Programm auf sowjetisches Territorium sendete, lernte er Marthe-Hélène Robert kennen, die ihn als Freundin und Kollegin bis zu seinem Tod begleiten sollte. Noch heute bewundert sie seinen “sprudelnden Geist” und seine tiefe Menschlichkeit. Gasdanow selbst sah sich – so legt es sein autobiographischer Roman "Ein Abend bei Claire" nahe – als “vielgestaltiges” und “nicht immer fest umrissenes Phantom”. Am meisten, schreibt er, liebte er jene “beweglichen Räume aus weißem Rauch und Wind”, die entstehen, wenn der Schneesturm tobt.
Produktion: Österreichischer Rundfunk 2016
Länge: ca. 39’00
Autorin: Franziska Dorau
Regie: Franziska Dorau
Redaktion: Alfred Koch
Sprecher: Irina Wanka, Mirco Kreibich, Joachim Meyerhoff, Cornelius Obonya, Adam Oest.
Ton: Martin Leitner
Sounddesign und Musik: Stefan Weber - nach Tschaikowskys Klaviertrio in A-moll Opus 50, gespielt von Arthur Rubinstein, Jasha Heifetz und Gregor Piatigorsky, sowie Jean Lenoirs “Parlez-moi d´amour”, interpretiert von Lucienne Boyer.
Erstsendung Österreichischer Rundfunk: 25. Jänner 2016, 21.00 Uhr

Feature
Das traurige Spiel um das kleine Glück. Sieben Szenen aus dem Einflußkreis eines Automaten
Er blinket und tönt, schickt bunte Verheißungen über den Schirm, liefert Reize im Sekundentakt. Seine Bildsprache ist eine, die auch zweijährige Kinder ansprechen würde: Seepferdchen und lachende Delphine wiegen sich, Muscheln klappen freundlich ihre Schalen auf und zu, fette goldene Herzen blinken, Glücksräder drehen sich im Kreis.
Von allen Arten des legalen Glücksspiels hat, laut einer Studie des Hamburger Instituts für Suchtforschung, der Spielautomat das höchste Suchtpotenzial.
Die österreichische Gesetzgebung hat für das Automatenspiel – sofern es nicht in einem großen Casino stattfindet – den Begriff „kleines Glücksspiel“ geprägt. Durch die Besteuerung dieses „kleinen Glücks“ fließen Millionen in die Kassen der österreichischen Bundesländer. Doch stellt sich die Frage, ob die Folgekosten – die Therapiestunden für Süchtige, die soziale Unterstützung für Verschuldete, die finanziellen Schäden durch Beschaffungskriminalität – nicht weitaus höher sind als diese Steuereinnahmen.
In sieben Szenen kommen Protagonisten aus dem Umfeld des Automatenglücksspiels zu Wort: Nazife, die nicht mehr weiß, wie sie die Spielschulden ihres Mannes und ihres ältesten Sohnes abarbeiten soll. Daki und Denim, die ihre Spielsucht durch Räube, Diebstähle und Erpressungen finanziert haben und jetzt in einer Justizanstalt für straffällige Jugendliche einsitzen. Franz Wohlfahrt, der als Generaldirektor der „Novomatic AG“ Jahresumsätze in Milliardenhöhe erzielt und sich mit großer Überzeugung als Kulturförderer präsentiert. Und Behçet, der alles verloren hat und dessen Freund sich vor einem Grazer Spielsalon, in dem beide Stammgast waren, mit Benzin übergossen und verbrannt hat.
Dieses Feature entstand kurz vor dem Inkrafttreten der österreichischen Glücksspielnovelle vom 1. 1. 2015.
Produktion: Österreichischer Rundfunk 2014
Länge: ca. 54’00
Autorin: Franziska Dorau
Regie: Franziska Dorau
Redaktion: Elisabeth Stratka
Sprecher: Irina Wanka, Philip Scheiner
Ton: Martin Leitner
Sounddesign und Musik: Stefan Weber
Foto: © Luiza Puiu
Erstsendung Österreichischer Rundfunk: 11. Oktober 2014, 9.05 Uhr

Reisen
Wo sich altes und neues Arabien treffen – eine Ö1 Studienreise in den Oman
Unscheinbar, dürr und knorrig wirken die Boswellia Bäume, deren als “Weihrauch” bekanntes Harz im alten Rom mit Gold aufgewogen wurde und den Reichtum Arabiens in der Antike begründete. Macht man mit einem Messer kleine Kerben in ihre Rinde, setzen sich sogleich winzige, grünlich weiße Perlen an der Einschnittstelle ab. Ein paar Tage später wird dort ein dicker Tropfen hängen, den man abschaben und trocknen kann. Das weltweit beste Weihrauchharz wird heute – wie schon vor 3000 Jahren – in der omanischen Provinz Dhofar geerntet. Auf dem Souk ihrer Hauptstadt Salalah kann man sich einen Eindruck von der Vielfalt der im Oman erzeugten, duftenden Räucherwaren verschaffen.
Aber auch andere aus dem Altertum gerettete Kulturgüter sind im Oman noch sehr lebendig. Etwa die Dhaus – jene schön geschwungenen Teakholz-Schiffe, auf welchen omanische Seefahrer bis nach Indien, China und Sansibar segelten. Oder das “Aflaj” System – ein Netz tausende Jahre alter, steinerner Kanäle, die für die Wasserversorgung von omanischen Dörfern und Städten nach wie vor von zentraler Bedeutung sind.
Rund 300.000 Quadratkilometer groß ist das im Südosten der arabischen Halbinsel gelegene Sultanat Oman. Innerhalb der letzten 40 Jahre hat es sich von einer auf Subsistenzwirtschaft beschränkten und isolierten Stammesgesellschaft zu einem gut strukturierten und in vieler Hinsicht liberalen, erdölexportierenden Staat entwickelt. Im Osten des Landes, an der Küste des omanischen Golfs, liegen die historische Hauptstadt Muscat und die sie umgebende „Capital Area“.
In dieser stetig wachsenden Metropolregion präsentiert sich der Oman als ebenso aufgeklärtes wie traditionsbewusstes islamisches Land, in dem der Koran zwar gerne auf dem Smartphone gelesen wird, aber die Sicht auf Moscheen, Gebirge und Meer von keinen Wolkenkratzern verstellt wird.
Produktion: Österreichischer Rundfunk 2014
Länge: ca. 54’00
Autorin: Franziska Dorau
Regie: Franziska Dorau
Redaktion: Ursula Burkert
Sprecher: Chris Pichler, Sandra Kreisler, Michael Köppel, Karl Menrad und Alexander Rossi.
Erstsendung Österreichischer Rundfunk: 5. Jänner 2014, 10.05 Uhr,
Programm Ö1, Sendereihe „Ambiente“

Reisen
Von Krakau nach Košice –
eine Ö1 Kulturreise durch das alte Galizien in die europäische Kulturhauptstadt 2013
Seine Geburtsstadt Košice beschrieb der ungarische Schriftsteller Sándor Márai als eine nicht nur literaturbegeisterte, sondern auch wahrhaft "europäische Stadt".
Als er im Jahr 1900 geboren wurde, gehörte die von Slowaken, Magyaren, Zipser-Deutschen und Juden bewohnte Stadt zum Königreich Ungarn. Heute liegt sie in der Ostslowakei und gilt als Hochburg der mitteleuropäischen Stahlindustrie.
Die Buchhandlungen florieren immer noch. Und es ist nicht zuletzt dem Andenken an Márai zu verdanken, dass Košice, zusammen mit Marseille, zur "Europäischen Kulturhauptstadt 2013" ernannt wurde. Mit einem abwechslungsreichen Programm versucht sich die 260.000 Einwohner-Stadt seitdem als Kulturtourismusdestination zu etablieren: Ein Kasernenareal aus der Zeit der Donaumonarchie wurde zum Kulturzentrum umgebaut. Das Theater Romathan schafft Bewusstsein für Kultur und Probleme der ostslowakischen Roma-Minderheit. Und das Projekt "Spots" bringt frischen Wind in die Plattenbausiedlungen.
Fährt man durch das ehemalige Galizien von Krakau nach Košice, kann man eine Region erkunden, die von ethnischer Vielfalt und kulturellem Reichtum geprägt ist. Ausgangspunkt der Ö1 Kulturreise ist Krakau, die "Perle Polens". In der ehemaligen Residenzstadt der polnischen Könige gibt es nicht nur historische Sehenswürdigkeiten wie das Wawelschloss und die Tuchhallen zu besichtigen, sondern auch abgelegenere Viertel wie den sozialistischen Planbezirk Nowa Huta mit seiner 50er-Jahre-Architektur.
Produktion: Österreichischer Rundfunk 2013
Länge: ca. 54’00
Autorin: Franziska Dorau
Regie: Franziska Dorau
Redaktion: Ursula Burkert
Sprecher: Heilwig Pfanzelter, Ursula Scheidle, Daniela Zimper, Wolfram Berger, Peter Färber, Michael Köppel, Rafael Sas, Alexander Strobele.
Erstsendung Österreichischer Rundfunk: 19. Mai 2013, 10.05 Uhr,
Programm Ö1, Sendereihe „Ambiente“

Prix Europa Radio Awards
BEST EUROPEAN RADIO DOCUMENTARY OF THE YEAR 2012
„Life’s Holiday. Über die Pflege europäischer Demenzkranker in Thailand“ wurde am 28. Oktober 2012 in Berlin mit dem „Prix Europa“ in der Kategorie Radio-Dokumentary ausgezeichnet. Von einer Jury aus 39 professionellen Radiomachern wurde das Feature aus 31 nominierten, internationalen Radiodokumentationen ausgewählt.
Zitat aus dem Jury Report:
„...the best radio documentaries often explore moral complexity, and this outstanding programme never tried to force its listeners to condone or condemn the families who send loved ones to Thailand to be looked after in old age. It touched on an issue that preoccupies all western societies – how to care for the elderly – but approached the topic through powerful personal stories told with great delicacy and tact. The production style and use of sound perfectly matched the programme’s delicate approach to portraying its subjects...“

Feature
Life´s Holiday –
über die Pflege europäischer Demenzkranker in Thailand
Faham Village. Ein Vorort der 150.000-Einwohner-Stadt Chiang Mai, im Norden Thailands. Die Luft ist mild, der Himmel weißlich-blau. In der Ferne sind die Berge Doi Pui und Doi Suthep zu sehen. Eine ruhige, asphaltierte Straße wird von Einfamilienhäusern mit rotgedeckten Dächern und schmiedeeisernen Gartentoren gesäumt. Dahinter: wuchernde, tropische Gärten, in denen bunte Windspiele mit Glöckchen hängen.
Ist sie hier in den Ferien? Oder ist es “ihr letzter Platz”? Ist sie wirklich schon seit zwei Jahren da, wie ihre Betreuerinnen es behaupten? Oder doch erst seit zwei Wochen, wie ihr Gefühl es ihr sagt? Um diese Fragen kreist Elisabeths Bewusstsein, seit sie von ihren Töchtern in die nordthailändische Stadt Chiang Mai gebracht wurde. Im Pflegeheim “Baan Kamlangchay” verbringt sie, mit zehn weiteren Alzheimer- und Demenzkranken aus Deutschland und der Schweiz, ihren Lebensabend. Die meisten von ihnen sind bereits im späten, “non-verbalen” Stadium des geistigen Abbaus angelangt.
100.000 Demenzkranke leben derzeit in Österreich. In der Schweiz: Ebenso viele. In Deutschland: 1,4 Millionen. Mit den Demenzkranken aller drei Länder könnte man die Stadt Wien bevölkern. Bis 2050 wird sich ihre Zahl – so die demographische Prognose – verdreifacht haben. Sollte die Auslagerung pflegebedürftiger alter Menschen in Billiglohnländer angesichts dessen ein zukunftsweisender, vielleicht sogar unumgänglicher Trend sein?
Produktion: Österreichischer Rundfunk 2012
Länge: ca. 54’00
Autorin: Franziska Dorau
Regie: Franziska Dorau
Redaktion: Monika Kalcsics
Sprecher: Irina Wanka, Michael Köppel
Ton: Christian Gorz
Musik: Stefan Weber
Erstsendung Österreichischer Rundfunk:
7. Juli 2012, 9.05 Uhr, Programm Ö1, Sendereihe „Hörbilder“.
Übernahme Norddeutscher Rundfunk:
30. Oktober 2012, 20.05, Sendereihe „NDR Kulturforum“
Übernahme Deutschlandradio Kultur:
7. November 2012, 00.05 Uhr, Sendereihe „Feature“
Übernahme Schweizer Rundfunk, SRF2 Kultur: 22. Februar 2013, 20.00 Uhr
Übernahme Radio Bremen: 1. April 2013, 11.05 Uhr
Übernahme Westdeutscher Rundfunk: 30. Mai 2013, 12.05 Uhr

Reisen
Little England –
unterwegs auf Barbados, der östlichsten und englischsten Insel der Karibik
Wahrhaft karibisch, und dennoch unverkennbar britisch geprägt, so könnte man die Bevölkerung von Barbados beschreiben. Drei Jahrhunderte lang stand die karibische Insel durchgehend unter englischer Kolonialherrschaft – was ihr den Beinamen “Little England” einbrachte. Ihr eigentlicher Name, "Barbados", wurde der Antilleninsel von portugiesischen Seefahrern verliehen, die sich von den dort heimischen Fikusbäumen mit ihren langen Luftwurzeln an bärtige Männer – “os barbados” – erinnert fühlten. Als östlichster Vorposten der Karibik wurde die 430 Quadratkilometer große Koralleninsel in der Kolonialzeit zu einem wichtigen Handelszentrum. Und zu einem Ort, an dem die vielfältigsten Menschen – teils freiwillig, teils gezwungenermaßen, als Fracht der Sklavenschiffe – zusammenkamen. Insofern könne man Barbados als einen der ersten Orte der Globalisierung bezeichnen, meint der barbadische Filmemacher Mahmood Patel. Denn bildlich gesprochen kam jeder, der hier lebt vor mehr oder weniger langer Zeit auf einem Schiff, einem Boot oder in einem Flugzeug auf die Insel. Heute ist die barbadische Lebensart ebenso westafrikanisch wie westeuropäisch geprägt. Der britische Einfluß ist immer noch spürbar – etwa bei den Pferderennen, die alle zwei Wochen auf der Grasrennbahn der “Garrison Savannah” stattfinden.
Produktion: Österreichischer Rundfunk 2012
Länge: ca. 54’00
Autorin: Franziska Dorau
Regie:Franziska Dorau
Redaktion: Ursula Burkert
Sprecher: Michou Friesz, Peter Färber, Florentin Groll, Michael Köppel, Johannes Nikolussi
Ton: Martin Leitner
Erstsendung Österreichischer Rundfunk: 15. Jänner 2012, 10.05 Uhr,
Programm Ö1, Sendereihe „Ambiente“

Reisen
Von Plantagenfesten, Umzügen und Exzessen – das Crop Over Festival auf der Antilleninsel Barbados
Zweiter August 2011 – am Morgen des „Kadooment Day“.
Die Kostümparade beginnt in der Nähe des Nationalstadiums von Bridgetown, auf einer langen, geraden Straße, die durch eine flache Landschaft führt. Rundum sind die Wiesen von tropischen Regengüssen aufgeweicht. Auf einer Böschung sitzen Zuschauer in Campingstühlen. Lastwagen, auf denen Menschen tanzen, fahren im Schritttempo vorbei. Es dröhnt aus zahlreichen Lautsprechern. Menschen aller Alters- und Gewichtsklassen sind in winzige, mit Perlen und Pailetten besetzte Bikinis und Shorts gekleidet. Von ihren Taillien baumeln mit Rumpunsch gefüllte Plastikbecher. Die Kostümgruppen – „Bands“ genannt – bereiten sich auf ihren Auftritt vor der Jury vor.
Was an diesem Morgen beginnt, ist der Höhepunkt des „Crop Over Festivals“, eines achtwöchigen Reigens karibischer Festivitäten, der die Sommermonate auf der Antilleninsel Barbados bestimmt und für die barbadischen Einwohner den Stellenwert eines Nationalfestivals gewonnen hat. Begonnen hat das „Crop Over“ als Erntedankfest auf den Zuckerrohrplantagen. Seine Ursprünge reichen in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurück, als Barbados eine englische Kolonie und größter Zuckerproduzent der Welt war.
Produktion: Österreichischer Rundfunk 2012
Länge: ca. 18’00
Autorin: Franziska Dorau
Regie: Franziska Dorau
Redaktion: Ursula Burkert
Sprecher: Barbara Horvath, Peter Färber
Erstsendung Österreichischer Rundfunk:
8. Juli 2012, 10.05 Uhr, Programm Ö1, Sendereihe „Ambiente“.

Feature
Holodomor –
über den Hunger des Jahres 1933 und andere Geheimnisse.
Eine ukrainische Ausgrabung
„Geheimnisse“ lautet der Name eines Spiels, das in der Ukraine von kleinen Mädchen gespielt wird. Sie graben ein Erdloch, füllen es mit bunten Fundstücken, bedecken es mit einer kleinen Glasscheibe und schütten es wieder zu. Am nächsten Tag kommen sie zu dem Versteck zurück und sehen sich den schimmernden, funkelnden Schatz unter der Scheibe an. Auch ihre Großmütter haben es so gemacht - mit den christlichen Ikonenbildern, die sie vor der Zerstörung durch die Sowjetmacht bewahren wollten. So beschreibt es die ukrainische Schriftstellerin Oksana Sabuschko.
In der Sowjetukraine durfte vieles nur im Geheimen bewahrt werden. Auch die Erinnerung an dreieinhalb bis vier Millionen Hungertote, die Stalins Kollektivierungspolitik Anfang der 1930er Jahre gefordert hat. Sechs Jahrzehnte lang war es bei Strafe verboten, über den Hunger der Jahre 1932 und 33 zu sprechen. Nach der Unabhängigkeit der Ukraine wurde er als „Holodomor“ bekannt - und zum Völkermord an den Ukrainern erklärt. Seitdem spielt er eine bedeutende und kontroversielle Rolle für die ukrainische Identitätsbildung.
Auf einer Reise durch die Zentral- und Ostukraine hat die Autorin Überlebende des Holodomor zu ihren Erinnerungen befragt. Die Verunsicherung darüber, wer die Verantwortung für den Hunger in Russlands „Kornkammer“ trug, hält bei vielen von ihnen bis heute an.
Produktion: Österreichischer Rundfunk / Deutschlandradio Kultur 2011
Länge: ca. 54’00
Autorin: Franziska Dorau
Regie: Franziska Dorau
Redaktion: Lisbeth Jessen
Sprecher: Irina Wanka, Markus Hering
Ton: Robert Pavlecka
Erstsendung Österreichischer Rundfunk: 15. Januar 2011, 9.05 Uhr, Programm Ö1, Sendereihe „Hörbilder“.
Erstsendung Deutschlandradio Kultur:
2. April 2011, 18.05 Uhr.
Übernahme Bayerischer Rundfunk: 4. Februar 2012, 13.05 Uhr.
Übernahme Westdeutscher Rundfunk: 1. September 2012, 12.05 Uhr.
Die Sendung wurde durch ein Stipendium der Robert Bosch Stiftung ermöglicht und im Rahmen der EBU „Masterschool on Radiofeatures“ produziert.

Geschichte
50 Jahre Unabhängigkeit im Senegal –
von der Modelldemokratie zum westafrikanischen Mittelmaß
Als das „Afrikanische Jahr“ ging das Jahr 1960 in die Weltgeschichte ein. Siebzehn ehemaligen europäischen Kolonien in Schwarzafrika – darunter dem Senegal – brachte es das Ende der Kolonialherrschaft. Sie alle feierten 2010 das fünfzigjährige Jubiläum ihrer Unabhängigkeit. Doch was bedeuten fünf Jahrzehnte Selbstbestimmtheit nach mehr als drei Jahrhunderten imperialer Einflussnahme? Und welchen Einfluss hat die jahrhundertelange Erziehung zu Sprache und Kultur der Kolonisatoren noch heute?
Der Topos des "Zerrissenseins", des Lebens in einem kulturellen Zwischenraum wurde von vielen Intellektuellen der afrikanischen Kolonien und der Diaspora beschrieben.
Andererseits waren es gerade die am stärksten assimilierten Schwarzafrikaner, die die Legitimität des Kolonialismus wirkungsvoll in Frage stellen konnten. Die Anpassung an die Dominanzkultur enthält die Möglichkeit zu ihrer Überwindung. Und fast alle maßgeblichen Persönlichkeiten der Unabhängigkeitsbewegungen wurden in den Bildungseinrichtungen der "Metropolen" geformt. So auch Léopold Sédar Senghor, der als frankophoner Dichter und erster Präsident der unabhängigen Republik Senegal in die Geschichte der französisch-afrikanischen Beziehungen einging.
Produktion: Österreichischer Rundfunk 2010
Länge: ca. 62’00
Autorin: Franziska Dorau
Regie: Franziska Dorau
Redaktion: Ina Zwerger
Sprecher: Noemi Fischer, Michou Friesz, Peter Färber, Karl Menrad, Johannes Nikolussi, Armin Stadler
Erstsendung Österreichischer Rundfunk:
17. Bis 20. Mai 2010, 9.30 Uhr, Programm Ö1, Sendereihe „Radiokolleg“.

Reisen
Ökotourismus im Sine-Saloum Delta – unterwegs zwischen Bolongs und Mangroven
Etwa sechs Stunden dauert eine Autofahrt von der senegalesischen Hauptstadt Dakar ins Sine-Saloum Delta. Die Flüsse Siin und Saloum münden dort in den Atlantischen Ozean – und vermischen sich in einem 180.000 Hektar großen Ästuarium mit dem Meerwasser. Das Bild der Landschaft prägen labyrinthisch mäandernde Salzwasserläufe, im Senegal « Bolongs » genannt, und von Mangroven gesäumte, savannenbewachsene Inseln. Im Süden des Deltas, bei Toubacouta, liegt ein kommunal betriebenes Wasser- und Naturschutzgebiet – die « Aire Marine Protégée de Bamboung ». Daran angeschlossen ist das ökotouristische Camp « Keur Bamboung ». Auf einer Insel gelegen, ist es nur mit einer motorisierten Piroge zu erreichen.
Nach einer halbstündigen Bootsfahrt durch das Sine-Saloum Delta werden die Besucher in der Nähe des Dorfs Sipó, an einem schmalen Strand zwischen den Mangroven, von Babacar, einem Mitarbeiter des Camps, auf einem Eselskarren abgeholt. Kommt man im Juli, während der Regenzeit, ist die Landschaft sattgrün und in weiches Licht getaucht. Sipó liegt am Ufer eines Bolong und besteht ausschließlich aus strohgedeckten Lehmhütten. Sie sind von Baobab- und Balsabäumen umgeben und haben sorgfältig bepflanzte, ummauerte kleine Gärten. Durch Landwirtschaft, sagt Babacar, könne man hier jedoch gerade einmal den Eigenbedarf abdecken.
Produktion: Österreichischer Rundfunk 2011
Länge: ca. 17’00
Autorin: Franziska Dorau
Regie: Franziska Dorau
Redaktion: Ursula Burkert
Sprecher: Helmut Berger, Angelika Lang
Erstsendung Österreichischer Rundfunk:
19. Juni 2011, 10.05 Uhr, Programm Ö1, Sendereihe „Ambiente“.

Kultur
Leporello –
von sibirischer Gegenwartskunst, japanischen Elfenbeinminiaturen und literaturgeschichtlichen Zufällen
Was verband James Joyce mit dem Bahnhof von Feldkirch? Welche Bedeutung haben vorarlbergische Stickereien für die Kultur und Mode Nigerias? Wie wurde eine rostige Blechgarage, auf der, von bunten Glühbirnen erhellt, die Worte “White Cube Gallery Novosibirsk” prangen, zum ersten Zentrum zeitgenössischer Kunst in Sibirien? Und warum beginnt eine Reise in die Geschichte der jüdischen Bankiersfamilie Ephrussi mit einer Sammlung japanischer “Netsuke” – winziger Elfenbeinskulpturen, die Blumen, Früchte, Tiere, Bettler oder Samurais darstellen?
Das alles sind Fragen, die in der Ö1 Kultursendung “Leporello” jeden Morgen, in kurzen Features von vier bis acht Minuten Länge, verhandelt werden. Hier einige Hörproben, stellvertretend für hunderte Beiträge in den letzten Jahren.
Produktion: Österreichischer Rundfunk
Länge: ca. 08´00
Autorin: Franziska Dorau
Regie: Markus Moser, Anna Soucek
Redaktion: Markus Moser, Christa Eder
Sprecher: Markus Moser, Christa Eder
