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    Die Ö1 Feature-Autorin und Regisseurin Franziska Sophie Dorau wurde am 7. August mit dem Axel-Eggebrecht-Preis 2024 der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig ausgezeichnet. Der Preis würdigt alle zwei Jahre ein Gesamtwerk im Bereich des Radio-Features und ist mit 10.000 Euro dotiert. Die Preisverleihung fand am 7. August im Rahmen des Sommerfestes der Stiftungen der Sparkasse Leipzig auf dem Mediencampus Villa Ida in Leipzig statt. Zum gleichen Termin erfolgte die Verleihung des Günter-Eich-Preises für ein Lebenswerk im Bereich Hörspiel, der in diesem Jahr an die Hörspielautoren Katharina Bieler und Stefan Scheib als Team verliehen wird.

    Zitat aus der Jurybegründung : "Franziska Sophie Dorau kreiert mit ihren Features eigene akustische Welten und macht sie für das Publikum auf ungewöhnliche Weise erlebbar. Sie widmet sich kulturellen und sozialpolitischen Themen mit akribischer Recherche und zeigt uns, nah und eindringlich, Ausschnitte der Wirklichkeit - ob es um das Leben und Leid eines Automatenspielsüchtigen geht oder um das Schicksal dementer deutschsprachiger Seniorinnen und Senioren unter thailändischer Sonne. Ihre Stücke zeugen von enormer
    Leidenschaft und Gründlichkeit, von formaler und sprachlicher
    Präzision und einem klaren Klang- und Rhythmusgefühl. Jedes Feature
    zieht das Publikum auf seine Weise in eine eigene Welt hinein.“

    Axel-Eggebrecht-Preis

    Produktions- und Sendedaten
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    Im April 2022 bricht das renommierte Kyiv Symphony Orchestra zu einer Tournee nach Westeuropa auf. Diese Reise unterscheidet sich von den üblichen Tourneen. Zwei Monate zuvor hat Putins Armee die Ukraine überfallen; ein brutaler Angriff - auch auf die Kultur des Landes. Diese in Europa bekannt zu machen und zu verteidigen - das ist die Mission der Orchestermitglieder. Doch bald wird klar, dass sie nicht in ihre Heimat zurückkehren können: Auftritte inmitten der umkämpften Stadt sind undenkbar. Die Reise wird zum Exil.

    Durch eine Verkettung von Zufällen landen die Symphoniker im thüringischen Gera. Die Stadt stellt ihnen Wohnräume und einen Proberaum zur Verfügung, die Berliner Philharmoniker übernehmen die Schirmherrschaft . Die MusikerInnen aus der Ukraine können zunächst aufatmen. Von hier aus reisen sie in die bedeutendsten Konzertsäle Europas und feiern Erfolge. Doch obgleich das ukrainische Kulturministerium das Orchester offiziell beauftragt hat, das Land an der so genannten “kulturellen Front” zu verteidigen, streicht die Stadt Kyiv im Mai 2023 die Finanzierung ihrer Symphoniker. Die Orchestermitglieder müssen in Thüringen Bürgergeld beziehen. Und mit jeder Vorladung des Jobcenters Gera wächst die Angst, dass die Auflösung des Orchesters bevorstehen könnte. Denn die MusikerInnen sollen in Deutschland in geregelte Arbeitsverhältnisse vermittelt werden - einzeln allerdings, denn einen 75-köpfigen Klangkörper zu vermitteln, kann ein Jobcenter nicht leisten. Für die Männer würde das die Rückkehr in die Ukraine bedeuten, wo sie in den Krieg eingezogen werden könnten.

    Als dieses Szenario beinahe zur Realität wird, kommt ein unerwartetes Angebot, das ihre Zukunft in einem neuen Licht erscheinen lässt.

    Produktions- und Sendedaten
  • Kabuls Demokratie im Exil

    Doku über afghanische Volksvertreterinnen

    Südwestrundfunk für das ARD Radiofeature
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    Suraya Akbari, Homaira Ayubi und Shinkai Kharokhail sind gewählte und legitime Volksvertreterinnen der demokratischen Republik Afghanistan, die seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 nur noch de jure existiert.

    Als Frauen haben sie es in einer patriarchalen, muslimischen Kultur in hohe politische Ämter geschafft, nur um mitansehen zu müssen, wie ihr Land mit dem Abzug der westlichen Truppen auf den Nullpunkt der Frauenrechte zurückgeworfen wurde. Suraya Akbari war, als die Vertreibung der weiblichen Intelligenz einsetzte, mit 27 Jahren eine der jüngsten Abgeordneten in Kabuls Parlament.

    Ihre Position hatte sie dafür eingesetzt, den Mädchen aus ihrer Heimatprovinz Paktika den Schulbesuch zu ermöglichen. Mit ihrem neugeborenen Sohn saß Akbari tagelang auf dem Flughafen von Kabul fest, bevor sie nach Deutschland emigrieren konnte, wo sie nun in einer brandenburgischen Kleinstadt Sprachkurse besucht. Homaira Ayubi ist ausgebildete Mathematikerin und leitete den Anti-Korruptionsausschuss im afghanischen Parlament.

    Mit Hilfe einer kalifornischen NGO floh sie mit ihrer Familie nach Kanada. Wie auch die Frauenbildungsexpertin Shinkai Kharokail, die 2021 als Geflüchtete in Toronto ankam – jener Stadt, in der sie einige Jahre zuvor als Botschafterin Afghanistan diplomatisch vertreten hatte. Kharokail versucht von Kanada aus ein Netzwerk afghanischer Politikerinnen zu bilden, als Gegenpol zur Gewaltherrschaft der Taliban in ihrer Heimat.

    Alle drei Frauen blicken zurück auf Lebensgeschichten, die von Brüchen bestimmt sind – und vom unermüdlichen Streben nach weiblicher Selbstermächtigung gegen die Widrigkeiten afghanischer und internationaler Politik.

    Produktions- und Sendedaten
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    In den papierenen Räumen ihrer Literatur begibt sich die Schriftstellerin Emine Sevgi Özdamar lebhaft und voller Spiellust auf die Suche. Sie erkundet die Figuren, die ihre Kindheit bevölkerten, und die Toten, die sich ins heute einmischen. Mit ihrem zweiten Ich tauscht sie Geheimnisse aus. Das leere Blatt macht sie zur Bühne, auf der sie erforscht, wie weit man die Grenzen der Realität dehnen und verschieben kann.

    Als junges Mädchen, in der ehemaligen osmanischen Hauptstadt Bursa, schwor sie sich, Schauspielerin zu werden, weil sie poetisch leben und „das passive Leben ihrer Intelligenz wachrütteln“ wollte. Im Alter von 18 Jahren ging sie als Gastarbeiterin aus Istanbul ins geteilte Nachkriegsberlin – eine Stadt, die ihr erschien wie ein abgebrannter Wald, aus dem die ersten grünen Sprossen hervorschossen. Ihr türkischer Pass erlaubte ihr, an Theatern sowohl in Ost- wie auch in Westdeutschland zu arbeiten, mit Regisseuren wie Benno Besson und Matthias Langhoff an der Volksbühne in Berlin, mit Claus Peymann und seinem Dramaturgen Hermann Beil in Bochum, mit Franz-Xaver Kroetz in München. In Paris traf sie auf die vor Militärputsch und Verfolgung geflohenen türkischen, griechischen und armenischen Links-Intellektuellen um den Dichter Nazim Hikmet.

    In ihren autobiographisch-surrealistischen Romanen gedenkt sie vieler dieser Weggefährten. Zuletzt in ihrem flirrenden Opus magnum Ein von Schatten begrenzter Raum: „Wenn man von seinem eigenen Land einmal weggegangen ist“, schreibt sie darin, „dann kommt man in keinem neuen Land mehr an. Dann werden nur manche besonderen Menschen dein Land.“ So lässt sie ihre Ich-Erzählerin auch in Begegnungen wohnen: „Wo wohnen Sie Madame? Ich wohne in Sartres Rücken. Ich wohne in Yasujiro Ozus Gedicht. Ich wohne in meinen schönsten Freunden, in Mehmet, Komet, Mübin, in der 210 Boulevard Raspail. Ich wohne mit den Toten in einem Schuhkarton. Ich wohne in den Schatten, die sich mit Leben erfüllen.“

    Symbolischer Dreh- und Angelpunkt des Romans ist die türkische Ägäis-Insel Cunda, auf der Emine Sevgi Özdamar seit vierzig Jahren mit ihrem Mann, dem Bühnenbildner Karl Kneidl, ihre Sommer verbringt.

    Produktions- und Sendedaten
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    Sasha Marianna Salzmann ist schwer zu fassen: Sie ist queer, ohne sich der Illusion hinzugeben, man könne die Geschlechter „abschaffen“. Sie ist Jüdin und Atheistin. Sie wurde in der Sowjetunion geboren und schreibt auf Deutsch – einer Sprache, die sie im Jugendalter als „Kontingentsflüchtling“ lernte und mit der sie, wie sie sagt, eine „Vernunftehe“ einging – geprägt von höflichem, gegenseitigem Misstrauen. Dieses, meint sie, eröffne viel Raum zum Experimentieren; Raum, um unverbrauchte Bilder in unerwartete Worte zu übersetzen.

    In ihren Theaterstücken und Romanen nimmt sie Anleihen an ihrer russisch / sowjetisch / migrantischen Familiengeschichte, ohne jedoch autobiographisch zu sein. Sie würde gerne mal eine flirrende lesbische Liebesgeschichten in Palermo erzählen, aber landet doch immer wieder in der zerfallenden Sowjetunion, um ihr „über die schlaffen Schenkel zu streicheln“. Ihr neuer Roman trägt den Titel „Im Menschen muss alles herrlich sein“ – ein Tschechow Zitat, das in russischen Ohren so garnicht freundlich klingt, da es jahrzehntelang als gern gebrauchter Auftakt für fiese Zurechtweisungen von Oben herab diente. In einer Zeit in der alle herrlich sein mussten, aber niemand es sein konnte, weil die Restriktionen das Individuum im Menschen erstickten.

    Schreiben, sagt sie, sei wie Zwiebeln schälen – man zieht die Schichten ab, eine nach der anderen, bis man irgendwann zu weinen anfängt und der Bildschirm vor den Augen verschwimmt. Sie mutet sich sich selbst zu. Dabei kann sie auf einer Seite abgrundtief traurig und auf der nächsten geistsprühend komisch sein.

    Literaturliste

    Sasha Marianna Salzmann, Außer sich. Roman. Suhrkamp Verlag, 2018.

    Sasha Marianna Salzmann, Im Menschen muss alles herrlich sein. Roman. Suhrkamp Verlag, 2022.

    Produktions- und Sendedaten
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    Was, wenn doch die Zeit abläuft? Was, wenn die Menschheit die letzten Jahre vergeudet, die noch verbleiben, um die Klimakatastrophe zu verhindern? Was, wenn unseren Kindern kein lebenswerter Ort auf Erden bleibt? Was, wenn in einem Sommer eine Milliarde Tiere verbrennen und alle sehen auf ihren Handys zu? Und was, wenn es doch eine Revolution gäbe? Eine wirkliche? Wenn die Finanzwelt die fossile Energie als ökonomische Sackgasse erkennen würde?

    In der Klimakrise überschlagen sich Fragen und Ereignisse. Das Tempo der Auseinandersetzung nimmt zu. Die Autorin begleitete über viele Monate drei Menschen, die an vorderster Front für eine lebenswerte und global gerechte Zukunft kämpfen - als junger Erwachsener, als Elternteil, als Wissenschaftler. Die COVID-19 Pandemie, die in diesem Zeitraum ihren Lauf nahm, ließ den “Wir sind hier, wir sind laut”-Aktivismus viele Wochen stillstehen, bis kreative Formen gefunden wurden, um mit den neuen gesellschaftlichen Parametern umzugehen. Ob die damit einhergehenden, gravierenden Maßnahmen es möglich machen werden, globale Handlungsfähigkeit auch in Bezug auf die Klimakrise einzufordern, ist noch offen.

    Für demotivierenden Defätismus hätten wir jedenfalls weniger Zeit denn je, sagt der Ozeanphysiker und Klimaforscher Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Vielmehr gelte es, das soeben angebrochene Jahrzehnt in eine Dekade heroischer Anstrengung zu verwandeln. Die Jahre zwischen 2020 und 2030 werden entscheiden, ob es einen irreversiblen und unkontrollierbaren Klimawandel gibt oder nicht. Die Physik gibt den Zeitrahmen vor. Und mit der Physik lässt sich nicht verhandeln.

    European Journalism Fellowship

    Diese Sendung wurde durch ein Recherchestipendium im Rahmen des European Journalism Fellowship der Freien Universität Berlin ermöglicht.

    Produktions- und Sendedaten
  • Der Tod des Soumayla Sacko

    Erntearbeiter, Gewerkschafter, Afrikaner in Italien.

    ORF
    Details

    In Mali war Soumayla Sacko Bauer. 2015 musste er sein Land verlassen, weil der Klimawandel seine Landwirtschaft ruiniert hatte. Er ließ seine Lebensgefährtin und seine damals zweijährige Tochter zurück und kam über die Wüste und das Mittelmeer nach Italien. In Kalabrien bewohnte er die „Baraccopoli“ von Rosarno, einen jener Slums, die während der Erntezeit tausende, größtenteils afrikanische Menschen beherbergen. Für zwei bis drei Euro pro Stunde arbeitete Soumayla Sacko auf den Zitrusplantagen der Umgebung.

    Bis zu seinem gewaltsamen Tod engagierte er sich gewerkschaftlich für die Rechte jener Erntehelfer, die Italiens damaliger Innenminister, Matteo Salvini, diffamierend als „neue Sklaven“ bezeichnet – und die doch längst ein fester Bestandteil der italienischen Ökonomie sind.   

    Am 2. Juni 2018 wurde er auf dem Gelände einer stillgelegten Fabrik in San Calogero erschossen. Mit zwei Freunden, Drame Madiheri und Fofona Madoufane, war er dabei, ein paar rostige Wellbleche abzusägen, als ein Mann aus einem weißen Fiat Panda stieg und aus seinem Jagdgewehr auf sei zu schießen begann. Fofona wollte sich aus den Wellblechen eine Baracke bauen, um nach seinen langen Arbeitstagen einen Ort zum Schlafen zu haben.

    Das Feature begleitet Soumayla Sackos Freunde und Kollegen bei ihrem Versuch, Wahrheit und Gerechtigkeit für ihn zu erwirken.

    CIVIS Medienpreis 2020

    Ausgezeichnet in der Kategorie "Lange Programme"

    Beim CIVIS Medienpreis für Integration und kulturelle Vielfalt in Europa wurde am 2. Oktober 2020 die Ö1-Journalistin Franziska Sophie Dorau für ihr Feature „Der Tod des Soumayla Sacko“ mit dem CIVIS Audio Award in der Kategorie „Lange Programme“ ausgezeichnet. Die Jury begründete ihre Wahl so:

    „Eine außerordentlich sorgfältig recherchierte, durchgehend informative aber nie belehrende, ganz und gar fesselnde Geschichte über Sklaverei mitten in Europa. Empathisch und doch unaufgeregt erzählt, voller ungewöhnlich offener, bestürzender O-Töne, handwerklich perfekt produziert.“



    Der CIVIS Medienpreis gehört zu den wichtigsten Auszeichnungen in Europas Medienlandschaft: Jedes Jahr werden die besten Beiträge zu den Themen Integration und kulturelle Vielfalt aus den Sparten Film, Fernsehen, Radio, Internet und Kino prämiert. Über 900 Programme aus 22 EU-Staaten und der Schweiz nahmen am Wettbewerb 2020 teil.

    Die Sendung war auch unter den Finalisten für den Prix Europa und den Prix Italia 2019.

    Produktions- und Sendedaten
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    Anachronistisch, unamerikanisch, total uncool – so beschreibt die Schriftstellerin Deborah Feldman sich selbst, wobei es einem schwer fällt, Dritteres gelten zu lassen. Aus ihrem großen, ovalen Gesicht mit der schwarzen Brille sprechen Intelligenz und intellektuelle Unbestechlichkeit. Keine Eigenschaften, welche die orthodoxen Satmarer Juden des New Yorker Stadtteils Williamsburg besonders gerne an ihren Frauen und Töchtern sehen.

    Die Gesellschaft, in der Feldman aufwuchs, ist eine, in der Fleiß, Schweigsamkeit und ausdruckslose Mimik als weibliche Kardinaltugenden gelten. Eine, in der Ehen für einander unbekannte Jugendliche arrangiert und israelische Flaggen verbrannt werden, weil die mit dem Zionismus einhergehende Selbstermächtigung als Todsünde betrachtet wird. Der Holocaust ist omnipräsent – bis in die Schlaflieder hinein, die von Waisenkindern handeln und Müttern, die als weißer Rauch aus den Krematorien von Auschwitz aufsteigen. Den Schmerz über die Vergangenheit auf so ungefilterte Weise auf die folgenden Generationen zu übertragen, sei unsinnig, meint Deborah Feldman.

    Mit dreiundzwanzig brach sie mit ihrem dreijährigen Sohn aus ihrer Ehe und der Satmarer Gemeinschaft aus. Mit ihrem autobiographischen Roman „Unorthodox“ schrieb sie einen internationalen Bestseller. Und fand in den USA doch keinen emotionalen und kulturellen Halt. Heute lebt sie in Berlin, jener Stadt, die ihre Satmarer Vorfahren als „verbrannte Erde“ ansahen. Nach ihrer langen und aufreibenden Suche nach einer Zukunft hat sie dort zu einer Alltäglichkeit gefunden, die ihr geradezu magisch erscheint.

    Produktions- und Sendedaten
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    In Mali, Soumayla Sacko era contadino. In 2015, doveva abbandonare la sua terra perché il cambiamento climatico non consentiva più all’agricoltura. In Calabria, lavorava come bracciante per 2 a 3 euro l’ora, ma era anche attivista del’Usb, l’Unione sindacale di base. Per quattro anni, viveva nella baraccopoli di San Ferdinando.

    La ragione per quella è uscito dall’anonimo, non erano le sue qualità, ma questa: il due giugno 2018, è stato fucilato in una fabbrica dismessa di San Calogero, considerata come una delle discariche illegale più devastante del Europa, perché la malavita ci ha interrato 135.000 tonnellate di metalli pesanti, fanghi e ceneri industriali, in mezzo agli agrumeti. Soumayla Sacko ci stava staccando delle lamiere arrugginite, per aiutare un amico — un connazionale del Mali — a costruirsi una baracca dove dormire dopo le sue lunghe giornate di lavoro.

    È una storia sull’ingiustizia sociale e la schiavitù che esiste in Europa nel anno 2018. La storia di Soumayla Sacko mi sembra emblematica di questi problemi, perché ne fa vedere molte dimensione: La ghettizzazione e lo sfruttamento radicale dei migranti africani; il caporalato e il coinvolgimento della malavita nel settore agricolo; la tirannia della Grande Distribuzione Organizzata, abbassando sempre i prezzi dei prodotti agricoli nel supermercato, ma facendo pagare il minor costo del prodotto alla parte più debole della catena.

    Comunque, tra l’impegno per il sindacalismo di Soumayla e dei suoi compagni, la storia può dare la speranza che si costituisce una nuova sinistra in Italia. «La sinistra non c’è.», diceva il sindacalista Giuseppe di Vittorio negli anni 1930: «Va ricostruita a partire dai luoghi e dalle contraddizioni sociali. Bisogna partire dalle periferie, dalle aree rurali, da quei luoghi sperduti sui quali i riflettori non si accendono, fin quando un lavoratore e sindacalista non viene fucilato. La sinistra cosa è se non c' è in quei luoghi?».

    Premio giornalistico Carla Agustoni 2019

    Documentario vincitore del “Premio speciale”

    Lugano 12.10.2019 per la Fondazione amici di AMCA
    Premio speciale a Franziska Dorau per l’audio-documentario “Soumayla Sacko”
    Il premio Carla Agustoni è indetto da AMCA e patrocinato dalla Fondazione amici di AMCA. Ricompensa lavori giornalistici di grande qualità attenti all’essere umano, i suoi diritti e la sua dignità.
    Membri della giuria:
    O. Cerri, F. Ceppi, A. Crespi, N. Fioretti, C. Morinini, L. Mottini

    Produktions- und Sendedaten
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    Sir Sydney Kentridge sitzt in der Küche seiner Gartenwohnung im noblen und grünen Londoner Stadtteil Maida Vale. Er trinkt Filterkaffee. Bis zu seinem 90. Geburtstag arbeitete er als Anwalt am English Bar. Die Queen adelte ihn für sein Lebenswerk. Seine größten Verdienste als Jurist erwarb er jedoch nicht in England, sondern in Südafrika. 1922 in Johannesburg in eine polnisch-litauisch-jüdische Familie geboren, wurde er in den 1950er Jahren zu einem der wichtigsten Verteidiger der Anti-Apartheid Bewegung. Die Staatsanwälte des Regimes fürchteten seine mit brillianter Ironie und kühler Beharrlichkeit geführten Kreuzverhöre. Im Lauf seiner Karriere zählte er drei künftige Nobelpreisträger zu seinen Mandanten: Nelson Mandela, Desmond Tutu und Albert Luthuli.

    Sein Sohn William Kentridge ist Anfang sechzig und einer der gefragtesten Künstler der Welt. Ohne jemals einfache Antworten zu finden, versucht er, die moralisch komplexe Position des Weißen in der südafrikanischen Gesellschaft zu ergründen. Seine aus Kohlezeichnungen entstehenden Animationsfilme setzt er als Bestandteile von Kunstinstallationen und multimedialen Performances ein. Immer wieder hat er darin Ereignisse verarbeitet, die mit der beruflichen Laufbahn seines Vaters zu tun haben. Etwa jenen Moment, als er im Alter von sechs Jahren in dessen Arbeitszimmer heimlich eine gelbe Schachtel öffnete, von der er meinte, dass sie Schokolade enthalten müsste, doch stattdessen die forensischen Fotos des Sharpeville Massakers vom März 1960 erblickte.

    Als weißer, südafrikanischer Künstler, sagt William Kentridge, war und ist es ein narrow gap, ein enger Zwischenraum, in dem er arbeite, immer im Bewußtsein der Eigentümlichkeit seiner Position: Teil eines kompromittierten, unnatürlichen Gesellschaftssystems zu sein und dies als Ausgangspunkt für seine Kunst zu akzeptieren.

    Zum Zeitpunkt des Interviews, im Sommer 2016, gastierte William Kentridge in Berlin mit der Ausstellung und Performance-Reihe „NO IT IS!“. Der Martin-Gropius-Bau zeigte eine Personale, deren Herzstück eine riesige, sich über mehrere Leinwände bewegende Schatten-Prozession war, die die erzwungenen Migrationsbewegungen der nicht-weißen, südafrikanischen Bevölkerung während Kolonialzeit und Apartheid spiegelte.

    Im Haus der Berliner Festspiele wurden sämtliche seiner performativen Arbeiten aufgeführt – so die multimediale Kammeroper „Refuse the Hour“, in welcher Kentridge als intellektuell provozierender Erzähler das Konzept der Zeit umkreist, während um ihn herum riesige Metronome ticken, südafrikanische Tänze voll Kühnheit und Prägnanz aufgeführt werden und eine Sängerin Berlioz’ Arie „Le Spectre de la Rose“ rückwärts singt - als würden die Klänge eingesogen von einem akustischen schwarzen Loch. Umkehrungen spielen in Kentridges Kunst eine große Rolle – sei es das rückwärts gehen, das rückwärts abspielen von Filmaufnahmen, oder der Versuch, Zurücknahmen, Auslöschungen – durch Wortreihen wie „UNDO UNSAY UNSAVE UNREMEMBER UNHAPPEN“ - in die Sprache einzuschreiben.

    Für „Refuse the Hour“ führte er Gespräche mit dem amerikanischen Wissenschaftshistoriker Peter Galison. Gemeinsam gingen sie der Frage nach, ob ein schwarzes Loch das Ende der Zeit sei. Die Fähigkeit von Antimaterie, Körper zu absorbieren, die eine sehr viel größere Ausdehnung haben als sie selbst, veranschaulicht Kentridge mit folgendem Bild: „Ein schwarzes Loch von der Größe eines Punktes schluckt einen Satz.“ Der Punkt schluckt den Satz. The full-stop swallows the sentence. Ein typischer Kentridge-Satz. Vielleicht könnte man ihn auch anwenden, um die Apartheid zu beschreiben – ein politisches System, in dem eine winzige weiße Minderheit die schwarze Mehrheitsbevölkerung schluckte, einsog und in den Eingeweiden des Landes – den Goldminen – verschwinden ließ. Politische Antimaterie. So läßt Kentridge in einem seiner Animationsfilme auch eine Schattenprozession in einem schwarzen Loch verschwinden. In dessen Zentrum, so offenbart es der Film, sitzt er selbst und löffelt eine Suppe aus.

    Produktions- und Sendedaten
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    An intimate portrait of European dementia patients whose care has been “subcontracted” to nursing homes in Thailand. We hear from inside a home in a suburb of Chiang Mai where Thai staff care for patients from Switzerland and Germany. It costs perhaps between a third and a half of equivalent, or arguably better, care in the patients’ home countries. We hear the funny and warm interactions between the two very different cultures — and the astonishment of the Thai staff at the way that Europe treats its senior citizens.

    Open Ear features documentaries from producers across the world being rebroadcast by the BBC World Service. This programme originally aired in German on ORF in Austria.

    Produktions- und Sendedaten
  • Im Anfang war der Schneesturm

    Das doppelte Exil des russischen Schriftstellers Gaito Gasdanow

    ORF
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    Als der Hanser Verlag 2012 die Übersetzung von Gaito Gasdanows Roman „Das Phantom des Alexander Wolf“ herausbringt, ist das Werk des vier Jahrzehnte zuvor verstorbenen Exilrussen keineswegs „bestseller-verdächtig“, erinnert sich die Übersetzerin Rosemarie Tietze. Umso verblüffender ist die Rezeption des Romans, der in den Feuilletons der großen deutschen Zeitungen als „Meisterwerk der klassischen Moderne“ und „verlorenes Stück Weltliteratur“ gefeiert wird. In Russland gilt Gaito Gasdanow zu diesem Zeitpunkt schon lange als einer der wichtigsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.

    Zu seinen Lebzeiten jedoch durfte in seiner Heimat keine Zeile seines Werks veröffentlicht werden, da er mit sechzehn Jahren, im russischen Bürgerkrieg, freiwillig auf Seiten der Weißen Armee gekämpft hatte.

    Sein Erwachsenenleben verbrachte Gasdanow zunächst im Pariser, dann im Münchener Exil. Er schrieb neun Romane und zahlreiche Erzählungen, während er als Lastenträger, Lokomotivenwäscher, Nachttaxifahrer und schließlich Redakteur von „Radio Liberty“ arbeitete. In der Zentrale des US-finanzierten Radiosenders, der prowestliches Programm auf sowjetisches Territorium sendete, lernte er Marthe-Hélène Robert kennen, die ihn als Freundin und Kollegin bis zu seinem Tod begleiten sollte. Noch heute bewundert sie seinen „sprudelnden Geist“ und seine tiefe Menschlichkeit.

    Gasdanow selbst sah sich – so legt es sein autobiographischer Roman „Ein Abend bei Claire“ nahe – als „vielgestaltiges“ und „nicht immer fest umrissenes Phantom“. Am meisten, schreibt er, liebte er jene „beweglichen Räume aus weißem Rauch und Wind“, die entstehen, wenn der Schneesturm tobt.

    Produktions- und Sendedaten
  • Details

    „Was man alles durch das Baby erfährt“ betitelte die amerikanische Schriftstellerin Lydia Davis eine Kurzgeschichte, die 2011 in ihrem Band „Formen der Verstörung“ erschien. Anhand kurzer, lakonischer Beschreibungen ihres neugeborenen Sohnes lotet sie darin auf nüchterne, aber keineswegs lieblose Weise frühkindliches und mütterliches Bewusstsein aus.

    Ausgehend von diesem Text fragt sich die Autorin des Features, welche Rollen Babys und Kleinkindern in der Literatur zugedacht wurden. Und erkennt, dass zwar die literaturwissenschaftliche Sekundärliteratur eine weitestgehend babyfreie Zone, die Literaturgeschichte – von der Antike bis in die Gegenwart – aber voll von Babys ist. Ob bei Wolfram von Eschenbach oder François Rabelais; Henry Fielding oder Heinrich von Kleist, Kate Chopin, Sylvia Plath oder Salman Rushdie: Babys spielen wesentliche Rollen.

    Sie werden ersehnt oder gefürchtet, gezeugt, geboren, verboten, abgetrieben, adoptiert, gefunden oder ausgesetzt, in Flüsse getunkt um sie stark zu machen, von Wölfinnen und Löwinnen gesäugt, mit Musik von Neil Young von Bauchschmerzen geheilt. Sie versprechen persönliche Heilung oder nationalen Aufschwung, können sozialen Aufstieg oder Absturz bedeuten. Sie können eine ganze Stadt in Aufruhr versetzen – und werden mitunter sogar für Naturkatastrophen verantwortlich gemacht. Doch wann fängt man an, die Null- bis Einjährigen als Persönlichkeiten wahrzunehmen?

    Literaturliste

    Lydia Davis, Formen der Verstörung. Graz und Wien: Droschl, 2011.

    Wolfram von Eschenbach, Parzival und Titurel, Rittergedichte. Übersetzt und erläutert von Karl Simrock. Stuttgart: Verlag der J. G. Cotta´schen Buchhandlung, 1883.

    Henry Fielding, Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings. Übersetzt von Roland und Annemarie Pestalozzi, unter Benutzung der Übersetzung von Johann Joachim Christoph Bode. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1971.

    James Joyce, Ein Porträt des Künstlers als junger Mann. Übersetzt von Friedhelm Rathjen. Zürich: Manesse, 2012.

    Heinrich von Kleist, Sämtliche Werke. Gütersloh: Bertelsmann, o. J.

    Karl Ove Knausgard, Lieben. Übersetzt von Paul Berf. München: Luchterhand. 2012.

    Silvia Plath, Ariel. Übertragen von Alissa Walser. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2008.

    Silvia Plath, Die Glasglocke. Übersetzt von Reinhard Kaiser. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2009.

    Jean-Jaques Rousseau, Emil oder Über die Erziehung. Übersetzt von Ludwig Schmidts. Paderborn: Verlag Ferdinand Schöningh, 1971.

    Salman Rushdie, Mitternachtskinder. Übersetzt von Karin Graf. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2005.

    Statius, Achilleis, with an English Translation by J. H. Mozley. London: William Heinemann Ltd., o. J.

    Laurence Sterne, Leben und Ansichten des Tristram Shandy, Gentleman. Übersetzt von Michael Walther. Berlin: Galiani, 2015.

    Produktions- und Sendedaten
  • Details

    Er blinket und tönt, schickt bunte Verheißungen über den Schirm, liefert Reize im Sekundentakt. Seine Bildsprache ist eine, die auch zweijährige Kinder ansprechen würde: Seepferdchen und lachende Delphine wiegen sich, Muscheln klappen freundlich ihre Schalen auf und zu, fette goldene Herzen blinken, Glücksräder drehen sich im Kreis. Von allen Arten des legalen Glücksspiels hat, laut einer Studie des Hamburger Instituts für Suchtforschung, der Spielautomat das höchste Suchtpotenzial. Die österreichische Gesetzgebung hat für das Automatenspiel – sofern es nicht in einem großen Casino stattfindet – den verharmlosenden Begriff „kleines Glücksspiel“ geprägt. Durch die Besteuerung dieses „kleinen Glücks“ fließen Millionen in die Kassen der österreichischen Bundesländer. Doch stellt sich die Frage, ob die Folgekosten – die Therapiestunden für Süchtige, die soziale Unterstützung für Verschuldete, die finanziellen Schäden durch Beschaffungskriminalität – nicht weitaus höher sind als diese Steuereinnahmen.

    In sieben Szenen kommen Protagonisten aus dem Umfeld des Automatenglücksspiels zu Wort: Nazife, die nicht mehr weiß, wie sie die Spielschulden ihres Mannes und ihres ältesten Sohnes abarbeiten soll. Daki und Denim, die ihre Spielsucht durch Räube, Diebstähle und Erpressungen finanziert haben und jetzt in einer Justizanstalt für straffällige Jugendliche einsitzen. Franz Wohlfahrt, der als Generaldirektor der „Novomatic AG“ Jahresumsätze in Milliardenhöhe erzielt und sich mit großer Überzeugung als Kulturförderer präsentiert. Und Behçet, der alles verloren hat und dessen Freund sich vor einem Grazer Spielsalon, in dem beide Stammgast waren, mit Benzin übergossen und verbrannt hat.

    Dieses Feature entstand kurz vor dem Inkrafttreten der österreichischen Glücksspielnovelle vom 1. 1. 2015.

    Prix Europa 2014

    Nominierung

    Produktions- und Sendedaten
  • Wo sich altes und neues Arabien treffen

    eine Ö1 Studienreise in den Oman

    ORF
    Details

    Unscheinbar, dürr und knorrig wirken die Boswellia Bäume, deren als „Weihrauch“ bekanntes Harz im alten Rom mit Gold aufgewogen wurde und den Reichtum Arabiens in der Antike begründete. Macht man mit einem Messer kleine Kerben in ihre Rinde, setzen sich sogleich winzige, grünlich weiße Perlen an der Einschnittstelle ab.

    Ein paar Tage später wird dort ein dicker Tropfen hängen, den man abschaben und trocknen kann. Das weltweit beste Weihrauchharz wird heute – wie schon vor 3000 Jahren – in der omanischen Provinz Dhofar geerntet. Auf dem Souk ihrer Hauptstadt Salalah kann man sich einen Eindruck von der Vielfalt der im Oman erzeugten, duftenden Räucherwaren verschaffen.

    Aber auch andere aus dem Altertum gerettete Kulturgüter sind im Oman noch sehr lebendig. Etwa die Dhaus – jene schön geschwungenen Teakholz-Schiffe, auf welchen omanische Seefahrer bis nach Indien, China und Sansibar segelten. Oder das „Aflaj“-System – ein Netz tausende Jahre alter, steinerner Kanäle, die für die Wasserversorgung von omanischen Dörfern und Städten nach wie vor von zentraler Bedeutung sind.

    Rund 300.000 Quadratkilometer groß ist das im Südosten der arabischen Halbinsel gelegene Sultanat Oman. Innerhalb der letzten 40 Jahre hat es sich von einer auf Subsistenzwirtschaft beschränkten und isolierten Stammesgesellschaft zu einem gut strukturierten und in vieler Hinsicht liberalen, erdölexportierenden Staat entwickelt. Im Osten des Landes, an der Küste des omanischen Golfs, liegen die historische Hauptstadt Muscat und die sie umgebende „Capital Area“.

    In dieser stetig wachsenden Metropolregion präsentiert sich der Oman als ebenso aufgeklärtes wie traditionsbewusstes islamisches Land, in dem der Koran zwar gerne auf dem Smartphone gelesen wird, aber die Sicht auf Moscheen, Gebirge und Meer von keinen Wolkenkratzern verstellt wird.

    Produktions- und Sendedaten
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    Seine Geburtsstadt Košice beschrieb der ungarische Schriftsteller Sándor Márai als eine nicht nur literaturbegeisterte, sondern auch wahrhaft „europäische Stadt“. Als er im Jahr 1900 geboren wurde, gehörte die von Slowaken, Magyaren, Zipser-Deutschen und Juden bewohnte Stadt zum Königreich Ungarn. Heute liegt sie in der Ostslowakei und gilt als Hochburg der mitteleuropäischen Stahlindustrie.

    Die Buchhandlungen florieren immer noch. Und es ist nicht zuletzt dem Andenken an Márai zu verdanken, dass Košice, zusammen mit Marseille, zur „Europäischen Kulturhauptstadt 2013“ ernannt wurde. Mit einem abwechslungsreichen Programm versucht sich die 260.000 Einwohner-Stadt seitdem als Kulturtourismusdestination zu etablieren: Ein Kasernenareal aus der Zeit der Donaumonarchie wurde zum Kulturzentrum umgebaut.

    Das Theater Romathan schafft Bewusstsein für Kultur und Probleme der ostslowakischen Roma-Minderheit. Und das Projekt „Spots“ bringt frischen Wind in die Plattenbausiedlungen.

    Fährt man durch das ehemalige Galizien von Krakau nach Košice, kann man eine Region erkunden, die von ethnischer Vielfalt und kulturellem Reichtum geprägt ist. Ausgangspunkt der Ö1 Kulturreise ist Krakau, die „Perle Polens“. In der ehemaligen Residenzstadt der polnischen Könige gibt es nicht nur historische Sehenswürdigkeiten wie das Wawelschloss und die Tuchhallen zu besichtigen, sondern auch abgelegenere Viertel wie den sozialistischen Planbezirk Nowa Huta mit seiner 50er-Jahre-Architektur.

    Produktions- und Sendedaten
  • Life’s Holiday

    über die Pflege europäischer Demenzkranker in Thailand

    ORF
    Details

    Faham Village. Ein Vorort der 150.000-Einwohner-Stadt Chiang Mai, im Norden Thailands. Die Luft ist mild, der Himmel weißlich-blau. In der Ferne sind die Berge Doi Pui und Doi Suthep zu sehen. Eine ruhige, asphaltierte Straße wird von Einfamilienhäusern mit rotgedeckten Dächern und schmiedeeisernen Gartentoren gesäumt. Dahinter: wuchernde, tropische Gärten, in denen bunte Windspiele mit Glöckchen hängen.

    Ist sie hier in den Ferien? Oder ist es „ihr letzter Platz“? Ist sie wirklich schon seit zwei Jahren da, wie ihre Betreuerinnen es behaupten? Oder doch erst seit zwei Wochen, wie ihr Gefühl es ihr sagt? Um diese Fragen kreist Elisabeths Bewusstsein, seit sie von ihren Töchtern in die nordthailändische Stadt Chiang Mai gebracht wurde. Im Pflegeheim „Baan Kamlangchay“ verbringt sie, mit zehn weiteren Alzheimer- und Demenzkranken aus Deutschland und der Schweiz, ihren Lebensabend. Die meisten von ihnen sind bereits im späten, „non-verbalen” Stadium des geistigen Abbaus angelangt.

    100.000 Demenzkranke leben derzeit in Österreich. In der Schweiz: Ebenso viele. In Deutschland: 1,4 Millionen. Mit den Demenzkranken aller drei Länder könnte man die Stadt Wien bevölkern. Bis 2050 wird sich ihre Zahl – so die demographische Prognose – verdreifacht haben. Sollte die Auslagerung pflegebedürftiger alter Menschen in Billiglohnländer angesichts dessen ein zukunftsweisender, vielleicht sogar unumgänglicher Trend sein?

    Prix Europa Radio Awards

    Best European Radio Documentary of the Year 2012

    „Life’s Holiday. Über die Pflege europäischer Demenzkranker in Thailand„ wurde am 28. Oktober 2012 in Berlin mit dem „Prix Europa„ in der Kategorie Radio-Documentary ausgezeichnet. Von einer Jury aus 39 professionellen Radiomachern wurde das Feature aus 31 nominierten, internationalen Radiodokumentationen ausgewählt.

    Zitat aus dem Jury Report:
„… the best radio documentaries often explore moral complexity, and this outstanding programme never tried to force its listeners to condone or condemn the families who send loved ones to Thailand to be looked after in old age. It touched on an issue that preoccupies all western societies — how to care for the elderly — but approached the topic through powerful personal stories told with great delicacy and tact. The production style and use of sound perfectly matched the programme’s delicate approach to portraying its subjects …”

    Produktions- und Sendedaten
  • Little England

    unterwegs auf Barbados, der östlichsten und englischsten Insel der Karibik

    ORF
    Details

    Wahrhaft karibisch, und dennoch unverkennbar britisch geprägt, so könnte man die Bevölkerung von Barbados beschreiben. Drei Jahrhunderte lang stand die karibische Insel durchgehend unter englischer Kolonialherrschaft – was ihr den Beinamen „Little England“ einbrachte. Ihr eigentlicher Name, „Barbados“, wurde der Antilleninsel von portugiesischen Seefahrern verliehen, die sich von den dort heimischen Fikusbäumen mit ihren langen Luftwurzeln an bärtige Männer – „os barbados“ – erinnert fühlten.

    Als östlichster Vorposten der Karibik wurde die 430 Quadratkilometer große Koralleninsel in der Kolonialzeit zu einem wichtigen Handelszentrum. Und zu einem Ort, an dem die vielfältigsten Menschen – teils freiwillig, teils gezwungenermaßen, als Fracht der Sklavenschiffe – zusammenkamen. Insofern könne man Barbados als einen der ersten Orte der Globalisierung bezeichnen, meint der barbadische Filmemacher Mahmood Patel.

    Denn bildlich gesprochen kam jeder, der hier lebt vor mehr oder weniger langer Zeit auf einem Schiff, einem Boot oder in einem Flugzeug auf die Insel. Heute ist die barbadische Lebensart ebenso westafrikanisch wie westeuropäisch geprägt. Der britische Einfluß ist immer noch spürbar – etwa bei den Pferderennen, die alle zwei Wochen auf der Grasrennbahn der „Garrison Savannah“ stattfinden.

    Produktions- und Sendedaten
  • Holodomor

    über den Hunger des Jahres 1933 und andere Geheimnisse. Eine ukrainische Ausgrabung

    Österreichischer Rundfunk / Deutschlandradio Kultur
    Details

    „Geheimnisse“ lautet der Name eines Spiels, das in der Ukraine von kleinen Mädchen gespielt wird. Sie graben ein Erdloch, füllen es mit bunten Fundstücken, bedecken es mit einer kleinen Glasscheibe und schütten es wieder zu. Am nächsten Tag kommen sie zu dem Versteck zurück und sehen sich den schimmernden, funkelnden Schatz unter der Scheibe an. Auch ihre Großmütter haben es so gemacht – mit den christlichen Ikonenbildern, die sie vor der Zerstörung durch die Sowjetmacht bewahren wollten. So beschreibt es die ukrainische Schriftstellerin Oksana Sabuschko.

    In der Sowjetukraine durfte vieles nur im Geheimen bewahrt werden. Auch die Erinnerung an dreieinhalb bis vier Millionen Hungertote, die Stalins Kollektivierungspolitik Anfang der 1930er Jahre gefordert hat. Sechs Jahrzehnte lang war es bei Strafe verboten, über den Hunger der Jahre 1932 und 33 zu sprechen. Nach der Unabhängigkeit der Ukraine wurde er als „Holodomor“ bekannt – und zum Völkermord an den Ukrainern erklärt. Seitdem spielt er eine bedeutende und kontroversielle Rolle für die ukrainische Identitätsbildung.

    Auf einer Reise durch die Zentral- und Ostukraine hat die Autorin Überlebende des Holodomor zu ihren Erinnerungen befragt. Sie erzählen von der fruchtbaren ukrainischen Schwarzerde, vom Wohlstand, den sich die Bauern vor dem „großen Hunger“ erarbeitet hatten – und davon, wie in ihren Dörfern, am Beginn der 1930er Jahre, ein Klassenkampf inszeniert wird, der dazu dient, die Bauern ihrer Lebensgrundlage zu berauben und sie zum Eintritt in die Kolchosen zu zwingen. Ernten, Vieh und schließlich auch persönliche Vorräte der Familien werden beschlagnahmt – bis das Land in eine künstliche Hungersnot stürzt. Zur selben Zeit werden Millionen Tonnen Getreide aus den sowjetischen Agrarregionen in das „sozialistische Vaterland“ exportiert oder zu Schleuderpreisen nach Europa verkauft.

    Die Verunsicherung darüber, wer die Verantwortung für den Hunger in Russlands „Kornkammer“ trug, hält bei vielen von ihnen bis heute an.

    Diese Sendung wurde durch ein Grenzgänger Stipendium der Robert Bosch Stiftung ermöglicht und im Rahmen „Masterschool on Radiofeatures“ der EBU (European Broadcasting Union) produziert.

    Produktions- und Sendedaten
  • Unterwegs zwischen Bolongs und Mangroven

    Ökotourismus im Sine-Saloum Delta

    Österreichischer Rundfunk
    Details

    Etwa sechs Stunden dauert eine Autofahrt von der senegalesischen Hauptstadt Dakar ins Sine-Saloum Delta. Die Flüsse Siin und Saloum münden dort in den Atlantischen Ozean – und vermischen sich in einem 180.000 Hektar großen Ästuarium mit dem Meerwasser.

    Das Bild der Landschaft prägen labyrinthisch mäandernde Salzwasserläufe, im Senegal „Bolongs“ genannt, und von Mangroven gesäumte, savannenbewachsene Inseln. Im Süden des Deltas, bei Toubacouta, liegt ein kommunal betriebenes Wasser- und Naturschutzgebiet – die „Aire Marine Protégée de Bamboung“. Daran angeschlossen ist das ökotouristische Camp „Keur Bamboung“. Auf einer Insel gelegen, ist es nur mit einer motorisierten Piroge zu erreichen.

    Nach einer halbstündigen Bootsfahrt durch das Sine-Saloum Delta werden die Besucher in der Nähe des Dorfs Sipó, an einem schmalen Strand zwischen den Mangroven, von Babacar, einem Mitarbeiter des Camps, auf einem Eselskarren abgeholt. Kommt man im Juli, während der Regenzeit, ist die Landschaft sattgrün und in weiches Licht getaucht. Sipó liegt am Ufer eines Bolong und besteht ausschließlich aus strohgedeckten Lehmhütten.

    Sie sind von Baobab- und Balsabäumen umgeben und haben sorgfältig bepflanzte, ummauerte kleine Gärten. Durch Landwirtschaft, sagt Babacar, könne man hier jedoch gerade einmal den Eigenbedarf abdecken.

    Produktions- und Sendedaten
  • 50 Jahre Unabhängigkeit im Senegal

    von der Modelldemokratie zum westafrikanischen Mittelmaß

    Österreichischer Rundfunk
    Details

    Als das „Afrikanische Jahr“ ging das Jahr 1960 in die Weltgeschichte ein. Siebzehn ehemaligen europäischen Kolonien in Schwarzafrika – darunter dem Senegal – brachte es das Ende der Kolonialherrschaft. Sie alle feierten 2010 das fünfzigjährige Jubiläum ihrer Unabhängigkeit.

    Doch was bedeuten fünf Jahrzehnte Selbstbestimmtheit nach mehr als drei Jahrhunderten imperialer Einflussnahme? Und welchen Einfluss hat die jahrhundertelange Erziehung zu Sprache und Kultur der Kolonisatoren noch heute?
 Der Topos des „Zerrissenseins“, des Lebens in einem kulturellen Zwischenraum wurde von vielen Intellektuellen der afrikanischen Kolonien und der Diaspora beschrieben. Andererseits waren es gerade die am stärksten assimilierten Schwarzafrikaner, die die Legitimität des Kolonialismus wirkungsvoll in Frage stellen konnten. Die Anpassung an die Dominanzkultur enthält die Möglichkeit zu ihrer Überwindung. Und fast alle maßgeblichen Persönlichkeiten der Unabhängigkeitsbewegungen wurden in den Bildungseinrichtungen der „Metropolen“ geformt.

    So auch Léopold Sédar Senghor, der als frankophoner Dichter und erster Präsident der unabhängigen Republik Senegal in die Geschichte der französisch-afrikanischen Beziehungen einging. Der "Dichterpräsident" Senghor war keineswegs unumstritten. Vielen Zeitgenossen schien er der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich zu nahe zu stehen. Dennoch gelang ihm der Dialog mit den verschiedensten sozialen Gruppen - von den Bauern des senegalesischen Hinterlandes über die wirtschaftlich einflussreiche Mouriden-Bruderschaft bis hin zu den protestierenden Studenten des Jahres 1968. Unter seiner Präsidentschaft entwickelte sich das Land zum kultur- und bildungspolitischen Vorzeigestaat.

    2010 hat sich die einstige Modelldemokratie im westafrikanischen Mittelmaß eingerichtet. Bei einem Durchschnittsalter von 18 Jahren sind 48 Prozent der Senegalesen arbeitslos. Der Analphabetismus nimmt zu - und die Absetzung des Französischen als Landessprache ist ein viel und kontroversiell diskutiertes Zukunftsszenario.

    Nach fünfzig Jahren Unabhängigkeit bleiben viele Fragen ungeklärt: Wo liegen die Möglichkeiten wirtschaftlicher Entwicklung? Wie funktioniert nationale Identitätsbildung nach drei Jahrhunderten imperialer Einflussnahme? Und wie wird die Logik des Kolonialismus fortgeführt?

    Literaturliste

    Léopold Sédar Senghor, "Botschaft und Anruf. Sämtliche Gedichte". Übertragen von Janheinz Jahn. München, Hanser 1963

    Léopold Sédar Senghor, "Liberté I - IV". Paris, Editions du Seuil, 1964 - 1983

    Janós Riesz, "Léopold Sédar Senghor und der afrikanische Aufbruch im 20. Jahrhundert". Wuppertal, Verlag Hammer, 2006

    Janet Vaillant, "Black, French and African: A Life of Léopold Sédar Senghor". Harvard University Press, 1990.

    James F. Searing, "West African slavery and Atlantic commerce". Cambridge University Press, 1993

    Le Monde Diplomatique, "Atlas der Globalisierung 2009". Berlin, TAZ- Verlags- und Vertriebsgesellschaft, 2009

    OECD Development Center, "Turning African Agriculture into a Business". 2009

    Produktions- und Sendedaten
  • Leporello

    von sibirischer Gegenwartskunst, japanischen Elfenbeinminiaturen und literaturgeschichtlichen Zufällen

    Österreichischer Rundfunk
    Details

    Was verband James Joyce mit dem Bahnhof von Feldkirch? Welche Bedeutung haben vorarlbergische Stickereien für die Kultur und Mode Nigerias? Wie wurde eine rostige Blechgarage, auf der, von bunten Glühbirnen erhellt, die Worte „White Cube Gallery Novosibirsk” prangen, zum ersten Zentrum zeitgenössischer Kunst in Sibirien?

    Warum beginnt eine Reise in die Geschichte der jüdischen Bankiersfamilie Ephrussi mit einer Sammlung japanischer „Netsuke” – winziger Elfenbeinskulpturen, die Blumen, Früchte, Tiere, Bettler oder Samurais darstellen? Und welcher Zufall hat gewollt, dass in Jean-Luc Godards „Film Socialisme” die „Costa Concordia“ als filmische Metapher für den Zerfall der europäischen Zivilisation diente – ebenjenes Kreuzfahrtschiff, das im Jänner 2012 vor der Mittelmeerinsel Giglio tatsächlich kenterte?

    Das alles sind Fragen, die in der Ö1 Kultursendung „Leporello” jeden Morgen um 7h52, in kurzen Features, verhandelt werden.

    Die „Leporello”-Redaktion im dritten Stock des Wiener Funkhauses war meine journalistische Kinderstube. Danke an Christa Eder, Anna Soucek und Markus Moser für die vielen wunderschönen Jahre der Zusammenarbeit!

    Produktions- und Sendedaten